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Blicke auf die umgekehrte Welt #6

Integration = Assimilation?

„Die Anähnelung - nichts anderes bedeutet das Wort 'Assimilation' - wird vom Fremden zwar verlangt, doch gilt die vollzogene Assimilation als Tarnung, Hinterlist, Lüge. Und je mehr die Assimilation gelungen ist, desto hinterhältiger und gefährlicher muss derjenige sein, der diese Tarnung angenommen hat.

Man kann ohne allzu große Übertreibung sagen, dass die Juden in der postchristlichen europäischen Gesellschaft deshalb so wütend verfolgt wurden, weil sie sich so gründlich angepasst haben. Das ist zwar nur ein Grund unter vielen, aber einer, dessen Lehren heutige Minderheiten - einschließlich der Juden - beherzigen sollten, wenn von ihnen die Annahme einer Leitkultur verlangt wird. Sie können es tun, und es gibt auch gute Gründe, Goethe und das Grundgesetz, Mülltrennung und Miniröcke, Kirchen und Katasterämter zu schätzen. Aber die Erfahrung der Juden seit der Aufklärung besagt: Deshalb hört man nicht auf, in den Augen der anderen ein Fremder zu sein."

Quelle: Alan Posener (2016): Der Jude als Fremder. Über die geistige Wiederaufrüstung des Antisemitismus. Kursbuch 185 - Fremd sein. März 2016. 121-136.

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